Bin ich alkoholabhängig oder ist das normal?
Sucht ist nicht nur eine Frage der Menge, die Sie konsumieren, sondern vor allem, wie sich Ihr Verhalten und Ihre Lebensqualität dadurch verändern. Ein Beispiel: Zwei Personen könnten beträchtliche Mengen Alkohol konsumieren, wobei nur eine Person alkoholabhängig ist. Auch wenn die andere Person (noch) nicht betroffen ist, sind die Risiken für körperliche und neurologische Schäden für beide Personen gleich hoch.
Vielleicht erkennen Sie sich in einigen dieser Anzeichen wieder:
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Innerer Druck zum Konsum: Fühlen Sie sich innerlich dazu gedrängt, zu konsumieren?
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Verlust der Kontrolle: Haben Sie das Gefühl, dass Sie nicht mehr im Griff haben, wann, wie viel, wie oft oder wie lange Sie das Suchtmittel konsumieren?
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Entzugssymptome: Leiden Sie unter körperlichen Symptomen, wenn Sie weniger konsumieren?
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Toleranzentwicklung: Brauchen Sie immer mehr, um die gleiche Wirkung zu spüren?
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Vernachlässigung anderer Interessen: Haben Sie das Gefühl, dass der Konsum Ihre anderen Interessen oder Verpflichtungen beeinträchtigt?
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Konsum trotz negativer Folgen: Hat der Konsum ihnen geschadet (psychisch, sozial, körperlich) und konsumieren Sie trotzdem weiter?
Möglicherweise machen Sie sich Sorgen oder fühlen sich unwohl, wenn Sie über diese Fragen nachdenken. Jenseits von diesen Fragen ist uns wichtig, wie Sie ihren Konsum selbst sehen. Vielleicht haben Sie von anderen gehört, dass Sie ein Problem hätten und fühlen sich dadurch in eine Ecke gedrängt? Sucht ist keine Entscheidung. Sie hat nichts mit fehlender Willensstärke zu tun. Sucht ist eine Erkrankung. Niemand will süchtig werden, doch sehr viele Menschen sind betroffen. Suchtmittelkonsum wird langsam von einer anfangs hilfreichen Gewohnheit zu einem festen Teil des Lebens. Ob das auf Sie zutrifft, können nur Sie selbst beurteilen. Es ist jedoch nie zu spät, neue Gewohnheiten zu entwickeln. Das müssen Sie nicht allein tun. Wir begleiten und unterstützen Sie gerne dabei.
Wenn Sie drei der oben aufgeführten Fragen mit Ja beantwortet haben, könnte es sein, dass eine Abhängigkeitsstörung bei Ihnen vorliegt. Kontaktieren Sie uns gerne, wenn Sie weiterführende Fragen haben oder eine kostenfreie Beratung wünschen.
Fallbeispiel: So sieht das bei Tim aus
Seit einiger Zeit denke ich schon nach dem Mittagessen ans Feierabendbier, ich habe dann oft richtig Brand. Auch wenn ich Zoff mit Inga hatte, brauch ich dann erstmal ein Bier (Verlangen). Oft bleibt es dann nicht bei einem, ich hab‘ mir schon gesagt - diesmal lässt Du es ruhig angehen und war dann doch wieder einer der letzten die gegangen sind (Kontrollverlust). Ich kenne keine zittrigen Hände oder nassen Bettlaken, und eine Woche ohne Alkohol ist für mich kein Problem (keine Entzugszeichen). So wie früher knallt das Bier aber nicht mehr, da war ich nach 2 Bier‘ schon gut angetüddelt, jetzt brauche ich mindestens das Doppelte (Toleranzentwicklung). Es bleiben auch öfter Sachen liegen und heute geh ich auch nicht mehr zum Sport, ich war jetzt schon voll lange nicht mehr da, aber jetzt trink ich lieber ne Flasche Wein. Wäre schon nett die Anderen mal wieder zu sehen - ach egal - vielleicht schaffe ich es nächste Woche (Interessenvernachlässigung). Wenn Inga gleich nach Hause kommt, wird sie vermutlich wieder schlecht gelaunt sein wegen dem bisschen Wein. Aber es ist meine Sache, oder? Schließlich beschwere ich mich ja auch nicht, wenn sie mit ihren Freundinnen ständig Yoga macht, oder nur noch Chai-Tee trinkt. Und besonders wenn ich mich groggy fühle, regt mich das einfach nur auf (schädliche Folgen).
Einschätzung: Bei Tim scheint eine beginnende Alkoholabhängigkeit vorzuliegen. Im Gespräch in der Suchthilfe oder mit dem Hausarzt, kann genauer bestimmt werden, ob die Ausprägung der Symptome für eine Abhängigkeitsentwicklung spricht und ob diese mit dem Alkoholkonsum zusammenhängen.