Pressemitteilung
54.000 Euro Anschub für die Straßenambulanz
Caritas stellt eigenen Arzt ein und schlägt damit neue Wege in der medizinischen Versorgung von Wohnungslosen und von Armut betroffenen Menschen ein
Hannover (cke), 22.11.2017
Wohnungslose und von Armut betroffene Menschen leben mitten in der Gesellschaft, nicht selten in den belebten Straßen der Fußgängerzone. Auch in Hannover gehören sie zum Stadtbild, gehören dazu - und stehen doch außen vor. Laut einer aktuellen Erklärung und Prognose der BAG Wohnungslosenhilfe können es unter Einbezug anerkannter Flüchtlinge, die auf den Wohnungsmarkt drängen, bundesweit 2018 1,2 Millionen Wohnungslose werden. "Wir benötigen vorrangig neue preiswerte Wohnungen, damit nicht noch mehr Menschen in die Wohnungslosigkeit abstürzen", so Erwin Jordan, Dezernent für Soziale Infrastruktur der Region Hannover. "Auch brauchen wir dringend eine möglichst flächendeckende medizinische Grundversorgung - daher fördern wir die Straßenambulanz", betonte Jordan auf der gestrigen Pressekonferenz der Caritas.
21.000 Euro stellt die Region Hannover als institutionelle Förderung zur Verfügung.
Das Leben auf der Straße sei hart und habe gravierende gesundheitliche Folgen. Kälte, Schmutz, soziale Isolation und kein Raum für Körperhygiene. Alkohol, Sucht und die Angst, in eine normale Arztpraxis zu gehen, führten zu multiplen und vielfach auch chronischen Erkrankungen, erklärte Projektkoordinatorin Ramona Pold.
Eine Antwort darauf sei die kostenlose Hilfe der Caritas Straßenambulanz.
So wurden allein in den Jahren 2011 bis 2016 insgesamt 15.959 Behandlungen seitens der ehrenamtlich tätigen Ärztinnen und Ärzte durchgeführt. Jährlich sind es etwa 2.500 Behandlungen, die mit aktuell fünf Ärzten und zehn Helferinnen und Fahrern an sieben Standorten neun Mal die Woche, auch am Samstag durchgeführt werden.
"Der steigende Versorgungsbedarf und die Not der Menschen stellt die Caritas und unser Team in der Straßenambulanz vor große Herausforderungen", so Andreas Schubert, Vorstand des Caritasverbandes Hannover. "Zumal sich die Gewinnung ehrenamtlich engagierter Ärztinnen und Ärzte, Helferinnen und Helfer in den letzten Jahren immer schwieriger gestaltet. Deshalb freuen wir uns sehr, dass wir so große Unterstützung erfahren", ergänzte Schubert.
Erneut fördern die Ricarda und Udo Niedergerke Stiftung und die Bürgerstiftung Hannover das Projekt mit insgesamt 19.000 Euro. "Als in Hannover tätige Ärzte sind wir mit dem segensreichen Wirken, das die Caritas und die ehrenamtlichen Ärztinnen und Ärzte für die medizinische Versorgung wohnungs- und obdachloser Menschen leisten, seit Jahren vertraut und wissen, dass diese Arbeit nur durch Spenden aufrecht erhalten und erfolgreich fortgeführt werden kann," sagte Udo Niedergerke auf die Frage nach der Motivation der Stiftung. "Unser Ziel ist es, zum Wohl aller Bürger beizutragen und das auch gerade im sozialen Bereich. Ganz bewusst wollen wir Menschen unterstützen, die nicht das Glück haben, auf der Sonnenseite unserer Gesellschaft zu stehen - und dazu gehören gewiss die Wohnungslosen oder von Wohnungslosigkeit bedrohten Menschen", ergänzte Dorothea Jäger, Vorstandsvorsitzende der Bürgerstiftung.
Das Projekt lebe seit Jahren vom großen Engagement der ehrenamtlich tätigen Ärzte und Helfer und finanziere sich größtenteils über Spenden, Zuwendungen und Leistungen, die mit der Kassenärztlichen Versorgung (KVN) abgerechnet werden können. Diese abrechenbaren Leistungen seien in den letzten Jahren aus unterschiedlichen Gründen stark zurückgegangen, weshalb das Projekt immer stärker auf finanzielle Unterstützung angewiesen sei. Auch die Patientenstruktur und damit der Versorgungsbedarf habe sich mittlerweile deutlich verändert. So hätten mehr als 30% der Hilfesuchenden einen Migrationshintergrund, über 20% seien nicht krankenversichert und etwa 2,5% der Behandlungsfälle seien unter 18.
"Unsere Ärztinnen und Ärzte sind seit vielen Jahren dabei, manche schon seit 1999. Aber leider gelingt es uns nicht, genügend neue Ärzte, Helferinnen und Helfer für dieses nicht wirklich einfache Ehrenamt zu gewinnen", erklärte Pold.
Aus diesem Grunde habe man sich Mitte des Jahres entschieden, mit Benjamin Hoffmann einen hauptamtlichen Arzt einzustellen, erläutert Caritaschef Andreas Schubert.
"Das ist auch für uns als Wohlfahrtsverband etwas ganz Neues. Aber kein anderes Projekt verkörpert derart, wofür wir als Caritas stehen: Not sehen und handeln. Mit der mobilen Praxis sind wir vor Ort und helfen genau da, wo es bitter nötig ist", so Schubert. "Ziel der Straßenambulanz war es ursprünglich, die Menschen wieder in die Regelversorgung zu bringen und dass unsere Hilfe nicht mehr nötig wäre. Eine Utopie, wie sich schnell herausgestellt hat. Die Hilfe für die Menschen auf der Straße ist nötiger denn je."
Möglich machte die Einstellung eine Förderung der Caritas Stiftung "Von Mensch zu Mensch", die für zwei Jahre die Personalkosten übernimmt.
"Menschen Halt und Sicherheit geben, für Hilfe in schwierigen Lebenslagen sorgen, dafür steht die Caritas Stiftung", ergänzt Rita Weisser, Kuratoriumsmitglied der Caritas Stiftung. "Und es ist uns ein besonderes Anliegen gerade da zu fördern, wo Hilfe von Mensch zu Mensch gefragt ist und kompetentes Personal benötigt wird."
Neben der Anstellung eines Arztes sei es aber auch nötig geworden, das Projekt ganz neu aufzustellen. So sei der Aufbau neuer Kooperationen, wie mit der Sprechstunde der Region für Kinder ohne Krankenversicherung als auch mit psychiatrisch ausgerichteten Einrichtungen notwendig geworden, da unter den Patienten immer mehr Kinder und Menschen mit psychischen und psychiatrischen Erkrankungen seien. Auch die Sprachbarrieren und der besondere Bedarf der steigenden Anzahl von Patienten mit Migrationshintergrund seien eine große Herausforderung, die eine stärkere sozialpädagogische Begleitung der Patienten notwendig mache, hieß es seitens der Caritas.
"Für mich als Arzt ist es eine unglaubliche Bereicherung in einem so großen Hilfenetzwerk mit vielen anderen engagierten Berufsgruppen arbeiten zu können und gleichzeitig ohne bürokratische Hürden und den Stress eines Klinikalltages Zeit für den einzelnen Patienten zu haben. Die Menschen sind so dankbar für jede noch so kleine Hilfe als auch für ein zugewandtes Gespräch", berichtete Benjamin Hoffmann, der seit dem 15. Juli diesen Jahres bei der Caritas angestellt ist und mehrmals wöchentlich Tagestreffpunkte und Wohnungslosenunterkünfte mit dem Ambulanzmobil anfährt.
95.000 Euro würden jährlich benötigt, um das Projekt wie bisher aufrecht zu erhalten. Etwa 12.000 Euro erziele das Projekt aus Abrechnungen mit der KVN, da das Projekt seit vielen Jahren als Institutsambulanz anerkannt sei. Zu den 54.000 Euro Anschub der genannten Stiftungen kämen noch etwa 20.000 Euro jährlich an Einzelspenden dazu. "Wir sind so dankbar, dass so viele Menschen in Stadt und Region Hannover die Arbeit unserer ehren- und hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter würdigen, indem sie unsere Hilfe für die wohnungslosen und von Armut betroffenen Menschen unterstützen. Davor ziehen wir den Hut und wir werden alles tun, um den Erwartungen der Spender und Stifter gerecht zu werden. Wir arbeiten mit vereinten Kräften daran, auch in den kommenden Jahren die vielen Menschen, die unsere Hilfe brauchen, medizinisch versorgen zu können", betonte Andreas Schubert abschließend.
Dankbar sei man natürlich auch, wenn sich weitere engagierte Menschen fänden, die als Ärzte oder als medizinische Helferinnen und Helfer bereit wären, das Projekt ehrenamtlich zu unterstützen.
Ansprechpartnerin für Engagierte und Interessierte: Ramona Pold, Tel: 0511 12600-0, strassenambulanz@caritas-hannover.de
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Über den Caritasverband Hannover e. V.
Der Caritasverband Hannover e. V. ist als Wohlfahrtsverband der katholischen Kirche mit annähernd 500 Mitarbeitern in Stadt und Region Hannover tätig.
In mehr als 40 sozialen Einrichtungen werden Menschen unabhängig ihrer Religion, Nationalität und Herkunft unterstützt, begleitet und beraten.
Kindern und Jugendlichen, Familien, alten und sozial benachteiligten Menschen gilt unser besonderes Augenmerk.
Die Arbeit der Caritas ist immer Hilfe von Angesicht zu Angesicht.
Zur Förderung unterschiedlichster Projekte unterhält der Caritasverband Hannover e.V. darüber hinaus die Stiftung "Von Mensch zu Mensch"
www.caritas-stiftung-hannover.de